Energiewende
Rubrik/en: Energie & Strom | Datum: 20, Dezember 2013Als Energiewende wird die Realisierung einer nachhaltigen Energieversorgung in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität mit erneuerbaren Energien bezeichnet. Hierzu zählen Windenergie, Sonnenenergie (Solarthermie, Photovoltaik), Meeresenergie, Bioenergie (einschließlich Deponiegas und Klärgas), Hydroenergie und Erdwärme. Erneuerbare Energien ersetzen die fossilen Energieträger, womit die Energiewende den Teil der Rohstoffwende bezeichnet, der die Energierohstoffe betrifft. Rohstoffe unterscheiden sich insofern von Energierohstoffen, als diese – genügend Energie vorausgesetzt – durch Recycling in einem steten Stofffluss bleiben können, während Energierohstoffe bei ihrer Nutzung unwiederbringlich verbraucht werden.
Jedoch nur begrenztes Potential
Da einzelne Maßnahmen häufig nur ein begrenztes Potential haben, sind mehrere parallele Ansätze für eine zügige Umsetzung der Energiewende notwendig. So spielen z. B. die Implementierung von Smart Grids, Energiesparen und die Verbesserung der Energieeffizienz eine große Rolle. Verbesserte Wärmedämmung von Gebäuden ist ein Beispiel für eine wirkungsvolle Energiesparmaßnahme; der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungen ist ein Beispiel verbesserter Energieeffizienz. Mit intelligenten Stromzählern kann der Energieverbrauch zu Zeiten erfolgen, in denen Strom preiswert angeboten wird. Zudem ist die Energiewende ohne weitgehenden Übergang zu einer postfossilen Elektromobilität nicht zu schaffen. Für gewöhnlich wird bei der Energiewende ein weitgehend dezentraler Ansatz verfolgt, dies schließt aber zentrale Ansätze wie z. B. den Bau von Offshore-Windparks oder Biomassegroßkraftwerke nicht aus. Ein Beispiel für einen umfassenden nicht dezentralen Ansatz ist das DESERTEC-Projekt.
Energie bis zum 19. Jahrhundert
Historisch sind bereits lange vor der heutigen Debatte dezentrale wie zentralistische Ansätze für eine aus verschiedenen Hintergründen propagierte Abkehr von fossilen Rohstoffen hin zu alternativen Energiequellen vorgeschlagen worden. Die Endlichkeit fossiler Rohstoffe wurde bereits früh begriffen. Zwar waren in Großbritannien bereits im 16. Jahrhundert vereinzelt Befürchtungen laut geworden, dass die Kohle endlich sein könne und in dessen Folge in den Parlamenten Exportverbote für Kohle debattiert (und in Schottland 1563 tatsächlich auch beschlossen), jedoch war noch bis zum 18. Jahrhundert die Auffassung verbreitet, dass die Kohlevorräte unerschöpflich seien. Ab dem späten 18. Jahrhundert kam es zu mehreren, z. T. auch öffentlich geführten Debatten über die Endlichkeit der Kohlevorräte und ihre Reichweite, wobei diese Debatten auch von Großbritannien auf den Kontinent ausstrahlten. Hinzu kam, dass noch die meisten Ökonomen des frühen 19. Jahrhunderts, wie z. B. Adam Smith, nicht von einem permanenten Wirtschaftswachstum ausgingen, sondern in der Zukunft wieder mit einem von den natürlichen Umständen aufgezwungenen „stationären Zustand“ ausgingen.
Bedeutsam wurde schließlich der Beitrag des englischen Ökonomen William Stanley Jevons. Während zuvor angestellte Prognosen über den Kohleverbrauch entweder die zu dieser Zeit aktuellen jährlichen Kohleverbräuche unverändert in der Zukunft fortschrieben oder die absolute Steigerung linear fortsetzten, formulierte Jevons in einer 1865 erschienenen Schrift als Erster, dass der Kohleverbrauch exponentiell steigen würde, wobei er die Wachstumsrate mit 3,5 % jährlich ansetzte. Daraus folgerte er, dass dieses exponentielle Wachstum nach einer bestimmten Anzahl von Jahren zu derart gewaltigen Zahlen führen müsste, dass sich jede endliche Rohstoffquelle nach einer Weile erschöpfen würde, ganz gleich, wie groß die Vorräte tatsächlich wären.
In Deutschland gab es ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert ebenfalls eine größere Debatte über einen möglichen Energiemangel, auch wurde über die Ressourcenkapazität der Erde diskutiert. Unter anderem äußerte sich beispielsweise der Physiker Rudolf Clausius in seiner 1885 erschienenen Schrift Ueber die Energievorräthe der Natur und ihre Verwerthung zum Nutzen der Menschheit besorgt über die Endlichkeit insbesondere der Kohlevorräte. Aus diesen Überlegungen heraus drängte er darauf, „eine weise Oekonomie einzuführen“ und mahnte „dasjenige, was wir als Hinterlassenschaft früherer Zeitepochen im Erdboden vorfinden, und was durch nichts wieder ersetzt werden kann, nicht verschwenderisch zu verschleudern.“ Je schneller eine Wendung einsetze, desto besser sei es für die Zukunft. Die These von dem verschwenderischen Umgang mit den Kohlevorräten wurde dabei weithin geteilt.
Energie und das 20. Jahrhundert
Bis deutlich ins 20. Jahrhundert hinein war die Energieversorgung dezentral geprägt, erst mit den ersten Großkraftwerken im zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts verschob sich die Balance in Richtung zentraler Energieversorgung. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts, nur wenige Jahre nach dem Bau des ersten damals noch als „Kraftzentrale“ bezeichneten Kohlekraftwerks wurden die ersten stromerzeugenden Windmühlen gebaut. Diese knüpften damit sowohl an die dezentrale Tradition der noch zu dieser Zeit weit verbreiteten Windmühlen als auch der Wassermühlen an, die während der Industrialisierung noch weit bis in die Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein und noch vor den teureren Dampfmaschinen die wichtigsten gewerblichen Kraftquellen waren. Tatsächlich wird der Höhepunkt der als mechanische Kraftquellen genutzten Wasserräder und Windmühlen von Historikern in Deutschland erst in die 1880er Jahren datiert. In Nischen, beispielsweise verkehrlich schlecht erschlossene Regionen, hielten sich diese dezentralen Energiequellen bis in die 1950er Jahre.
Die auf diesen mechanischen Vorgängern aufbauenden stromerzeugenden Windmühlen erfuhren schließlich im frühen 20. Jahrhundert insbesondere in ländlichen Gebieten, die bei der Elektrifizierung den Städten deutlich hinterher hinkten, eine z. T. relativ große Verbreitung. Vorreiter war Dänemark, aber auch in den USA und Deutschland fanden die Anlagen Absatz; bis in die 30er Jahre wurden etwa 3.600 Windmühlen in Deutschland gebaut, die sowohl als Pumpen zum Einsatz kamen als auch teilweise der Stromerzeugung dienten. Zudem wurde in den 20er und 30er Jahren die technischen und physikalischen Grundlagen der Windenergienutzung gelegt. Neben der Masse der dezentralen Kleinanlagen wurden dabei auch Großanlagen mit bis zu 20 MW Leistung angedacht; von diesen selbst nach heutigen Maßstäben gewaltigen Anlagen wurde durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges jedoch keine Prototypen gebaut. Allerdings ging in den USA 1941 mit der Smith-Pullman-Anlage eine Windkraftanlage mit bereits 1,25 MW in Betrieb, die zwar von großen technischen Problemen geplagt war, jedoch vier Jahre lang in Betrieb blieb. Parallel dazu gab es in Deutschland während des NS-Regimes Planungen, die Energieversorgung der sog. Wehrbauern u. a. dezentral mit Windenergie zu decken.Die dazu u. a. im nationalsozialistischen Deutschen Reich betriebenen Studien haben über den damals beteiligten Ulrich W. Hütter die heutige Windkraftanlagentechnik ganz wesentlich vorangetrieben.
Parallel dazu wurde auch in anderen Staaten die Forschung sowie der Bau von Anlagen vorangetrieben. In den USA konzentrierte man sich vor der flächendeckenden ländlichen Elektrifizierung auf den Bau von dezentralen Kleinanlagen, die zum Aufladen von Akkumulatoren dienten. Infolgedessen wurden ab 1920 und bis 1960 Zehntausende Kleinwindräder mit einer Leistung von 1,8-3 kW installiert. Nach der Elektrifizierung ging die Tendenz Richtung netzgekoppelter Großanlage. 1941 ging in Vermont eine Anlage mit 1,25 MW und einem Rotordurchmesser von 53,4 Metern in Betrieb, eine Serienfertigung dieser sowie noch größerer Nachfolgeanlagen unterblieb jedoch.
Bild: Cristine Lietz / pixelio.de
Anmerkung:
Dieser Artikel basiert aus dem Artikel Energiewende
aus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia
und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation
und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported.
In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.