Windkraftanlage

Eine Windkraftanlage (WKA) erntet mit ihrem Rotor die Energie des Windes, wandelt sie in elektrische Energie um und speist sie in das Stromnetz ein. In der Fachliteratur hat sich auch die Bezeichnung Windenergieanlage (WEA) durchgesetzt. Ferner wird Windkraftwerk als Synonym verwendet, manchmal auch Windkraftkonverter (WKK). In der Umgangssprache finden sich auch die Bezeichnungen Windrad oder Windmühle. Dieser Artikel befasst sich mit leistungsstarken Anlagen, die typischerweise mit Netzanschluss betrieben werden. Kleinanlagen, die im Inselbetrieb wirtschaftlich sein können, werden unter Windgenerator behandelt. Die Betrachtung mehrerer Windkraftanlagen findet sich im Artikel Windpark, weitere Anwendungen sowie energiepolitische Aspekte in den Artikeln Windenergie, Erneuerbare Energie und Energiewende.

Anfänge Windkraftanlage

Die erste belegte Anlage zur Stromerzeugung errichtete 1887 der Schotte James Blyth, um Akkumulatoren für die Beleuchtung seines Ferienhäuschens aufzuladen. Seine einfache, robuste Konstruktion mit einer vertikalen Achse von zehn Metern Höhe und vier auf einem Kreis von acht Metern Durchmesser angeordneten Segeln hatte eine bescheidene Effizienz. Nahezu zeitgleich orientierte sich Charles F. Brush in Cleveland, Ohio mit einer 20 Meter hohen Anlage an der damals bereits fortgeschrittenen Windmühlentechnik. Bei Mühlen kommt es eher auf das Drehmoment als auf die Drehzahl an; Brush verwendete eine zweistufige Übersetzung mit Riementrieben, um einen 12-kW-Generator anzutreiben.

Der Däne Poul la Cour kam um 1900 durch systematische Versuche – unter anderem an aerodynamisch geformten Flügelprofilen in Windkanälen – zum Konzept des Schnellläufers, bei dem nur wenige Rotorblätter ausreichen, die Energie der Strömung über die ganze Rotorfläche auszunutzen. Die durch die Luftfahrt vorangetriebene Verbesserung der Profilgeometrien in den 1950er und 1960er Jahren auf Gleitzahlen weit über 50 erlaubte extreme Schnellläufer mit nur noch einem einzigen Rotorblatt. Rotoren mit mehr als zwei Blättern galten als rückständig.
Während man in Deutschland und den USA zunächst auf Großprojekte wie den zweiflügeligen GROWIAN setzte, die sich jedoch aufgrund großer technischer Probleme als Fehlschläge erwiesen, setzte sich alsbald das Dänische Konzept zahlreicher robuster Anlagen kleiner und mittlerer Leistung durch. Die auch in großen Stückzahlen in die USA exportierten Anlagen hatten drei starre Rotorblätter und eine ohne Frequenzumrichter ans Netz gekoppelte Asynchronmaschine mit ein oder zwei festen Drehzahlen. Die Leistungsbegrenzung erfolgte durch Strömungsabriss.

Entwicklung seit 1990 …

Auf Basis dieser nach heutigen Maßstäben kleinen Anlagen fand in den 1990er und 2000er Jahren die weitere Entwicklung hin zu den modernen Großturbinen statt. Seither ist Dänemark das Land mit dem größten Windkraftanteil an der Stromerzeugung. Mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 begann der Aufschwung der Windenergie auch in Deutschland und setzte sich mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz fort. Diese politischen Rahmenbedingungen trugen dazu bei, dass deutsche Windkraftanlagenhersteller die Technologie- und Weltmarktführerschaft erlangten. Sie entwickelten immer größere Anlagen mit drei verstellbaren Rotorblättern, variabler Drehzahl. Einige Hersteller favorisierten einen getriebelosen Antriebsstrang.
Vielerorts kam es zu politischen Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Befürwortern der Windenergienutzung. Die Nennleistung der 1990 in Deutschland neu installierten Windkraftanlagen betrug im Durchschnitt 164 kW. Die mittlere Nennleistung der im Jahr 2000 aufgestellten WKA überschritt erstmalig die Marke von 1 MW, 2009 die Marke von 2 MW. Im Jahr 2011 lag sie bei über 2,2 MW, wobei Anlagen mit einer installierten Leistung von 2,1 bis 2,9 MW mit 54 % aller Anlagen dominierten. Ein weiterer Anstieg der Nennleistung ist aufgrund der Einführung der 3-MW-Klasse durch die meisten Hersteller von Onshore-Windkraftanlagen sowie dem Ausbau der Offshore-Windenergie, wo hauptsächlich Anlagen mit einer Nennleistung zwischen 3,6 und 6 MW zum Einsatz kommen, absehbar.
Entsprechend stieg der Rotordurchmesser. Noch bis Ende der 1990er Jahre lag er meist unter 50 Meter, nach etwa 2003 meist zwischen 60 und 90 Meter. Eine Verdopplung der Rotorlänge bewirkt eine Vervierfachung der Rotorfläche (siehe Kreisformel).

Seit 2008 kommen oft auch Windkraftanlagen mit Rotordurchmessern über 90 Metern zum Einsatz, was 2012 bereits der Durchschnittswert der in Deutschland neu installierten Anlagen ist. Analog stiegen die durchschnittliche Nabenhöhe und Nennleistung auf 110 m bzw. 2,4 MW sowie der Rotordurchmesser auf 89 m, mit deutlichen Unterschieden aufgrund regionaler Windhöffigkeit. (Details siehe) Moderne Schwachwindanlagen weisen mittlerweile Rotordurchmesser bis etwa 130 Meter auf, die Nabenhöhen können dabei bis zu 150 Meter erreichen, wobei die Gesamthöhe der Anlagen bisher 200 m in aller Regel nicht überschreitet. Im Offshore-Bereich sind Anlagen mit Rotordurchmessern von über 170 Metern im Testbetrieb. Windkraftanlagen wurde bis etwa 2010 stationär per Dockmontage gefertigt; seitdem setzen Hersteller aus Kostengründen vermehrt auf Serienfertigung im Fließbandverfahren und auf eine Industrialisierung und Standardisierung der Produkte. Parallel dazu setzen sich – wie im Automobilbau seit langem Standard – modulare Plattformstrategien durch, bei denen auf der gleichen technischen Basis Anlagentypen für verschiedene Windklassen entwickelt werden; z. B. durch unterschiedliche Rotorgrößen bei weitgehend identischem Triebstrang oder unterschiedlichen Generatorkonzepten bei gleichem Rotordurchmesser. Nicht alle neu installierten Anlagen stehen an neuen Standorten. Teilweise werden alte Anlagen abgebaut und durch leistungsstärkere ersetzt, was als Repowering bezeichnet wird. Innerhalb von Windparks sinkt dabei in der Regel die Anzahl der Anlagen, während zugleich installierte Leistung und Ertrag deutlich steigen.

Verluste und Verlustloser Leistungsbeiwert

Die Leistungsfähigkeit eines Windrotors wird üblicherweise ausgedrückt, indem seine an die Welle abgegebene Leistung auf die Rotorfläche und auf die Leistungsdichte des Windes bezogen wird. Dieser Bruchteil wird nach Albert Betz als Leistungsbeiwert cP bezeichnet, umgangssprachlich auch als Erntegrad. Er leitete 1920 aus grundlegenden physikalischen Prinzipien einen maximal erreichbaren Leistungsbeiwert ab. Der Grund ist, dass durch die Leistungsentnahme die Strömungsgeschwindigkeit sinkt, die Luftpakete in Strömungsrichtung kürzer werden und die Stromlinien ihre Abstände zueinander vergrößern, siehe Abbildung. Je stärker der Wind abgebremst wird, desto mehr strömt ungenutzt am Rotor vorbei. Das Optimum von 16/27 = 59,3 % würde durch einen verlustlosen Rotor erreicht, der die Strömung durch einen Staudruck von 8/9 der Energiedichte des Windes auf 1/3 der Windgeschwindigkeit abbremst. Der Rest dieser Leistung befindet sich noch in der Strömung: 1/3 = 9/27 in den Stromfäden, die dem Rotor ausgewichen sind, 1/9 von 2/3 = 2/27 in der abgebremsten Luftmasse.

Wie alle Maschinen erreichen auch reale Windkraftanlagen das theoretische Maximum nicht. Aerodynamische Verluste ergeben sich durch Luftreibung an den Blättern, durch Wirbelschleppen an den Blattspitzen und durch Drall im Nachlauf des Rotors. Bei modernen Anlagen reduzieren diese Verluste den Leistungsbeiwert von cP,Betz ≈ 0,593 auf cP = 0,4 bis 0,5. Von den genannten 320 W/m² sind also bis zu 160 W/m² zu erwarten. Ein Rotor mit 113 m Durchmesser (10.000 m² Fläche) gibt dann 1,6 Megawatt an die Welle ab. Zur Berechnung der Leistung am Netzanschluss müssen zusätzlich noch die Wirkungsgrade aller mechanischen und elektrischen Maschinenteile berücksichtigt werden. Der Leistungsbeiwert des Rotors wird beim Vergleich verschiedener Bauarten oft überbewertet. Ein um zehn Prozent niedrigerer Leistungsbeiwert kann durch eine fünfprozentige Erhöhung des Rotordurchmessers ausgeglichen werden. Für den wirtschaftlichen Erfolg ist es von höherer Bedeutung, mit gegebenem Materialeinsatz eine möglichst große Rotorfläche abzudecken. In dieser Hinsicht ist die heute übliche Bauform – propellerartige Rotoren mit horizontaler Drehachse und wenigen Blättern – anderen Bauformen überlegen.

Windkraftanlage – Ertrag

ur Abschätzung des Jahresertrages wird für den Standort der Windkraftanlage die sogenannte mittlere Windgeschwindigkeit angegeben. Sie ist ein Durchschnittswert der über das Jahr auftretenden Windgeschwindigkeiten. Die untere Grenze für den wirtschaftlichen Betrieb einer Anlage liegt, abhängig von der Einspeisevergütung, bei einer mittleren Windgeschwindigkeit von etwa 5–6 m/s. Dabei sind jedoch noch weitere Faktoren zu berücksichtigen. Ein Windgutachten auf Basis der Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeit für einen Standort dient der optimalen Wahl der Nennwindgeschwindigkeit (meist das 1,4- bis 2-Fache der mittleren Windgeschwindigkeit) bzw. bei gegebenen Anlagendaten der Abschätzung der pro Jahr erzeugten Energie, branchenüblich als Volllaststunden angegeben (Quotient der voraussichtlichen oder tatsächlich erreichten Jahresstrommenge zur installierten Leistung). Über Rechenprogramme im Internet lässt sich der Ertrag bestimmter Anlagen unter zu wählenden Bedingungen näherungsweise bestimmen. Aufschluss über die tatsächlichen Erträge eines Standortes können jedoch nur auf Windmessungen basierende Windgutachten geben. Dabei ist der Turbulenzgrad aufgrund geologischer Gegebenheiten, Vegetation, höherer Bauten oder benachbarter Windkraftanlagen zu berücksichtigen. Die Ertragsminderung durch verminderte Windgeschwindigkeit und Turbulenz hinter anderen Windkraftanlagen wird als Wake- oder Nachlaufverlust bezeichnet.

Da das Leistungsangebot mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit steigt, ist es sinnvoll, die Anlage für eine deutlich höhere als die mittlere Windgeschwindigkeit auszulegen. Ihre Nennleistung, manchmal auch als installierte Leistung bezeichnet, erreicht eine Windkraftanlage bei der Nennwindgeschwindigkeit. Darüber wird die Leistung der Anlage konstant gehalten, um Überlastungen zu vermeiden. Bei sehr großen Windgeschwindigkeiten (Sturm) wird die Anlage ganz abgeschaltet (Details siehe unten im Abschnitt: Regelung und Betriebsführung). Bei gegebenen Investitionskosten kann die Nennleistung auf Kosten der Rotorfläche erhöht werden oder umgekehrt. Eine Anlage mit höherer Nennleistung nutzt einen größeren Teil des Energieangebotes aus, eine Anlage mit größerem Rotor speist unterhalb der Nennwindgeschwindigkeit mehr Leistung in das Stromnetz ein. Bei Anlagen in Deutschland, wo v. a. Anlagen mit vergleichsweise hohen Nennleistungen zum Einsatz kommen, wurden im Mittel der letzten Jahre zwischen 1400 und 1800 Volllaststunden erreicht, wobei bei neu installierten Windkraftanlagen deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden als bei älteren Modellen. In anderen Ländern liegen die Kapazitätsfaktoren z. T. deutlich höher; in den USA kamen Windkraftanlagen 2011 beispielsweise auf einen vergleichsweise hohen Kapazitätsfaktor von 33 %, entsprechend etwa 3000 Volllaststunden. Bei Offshore-Anlagen geht man von ca. 3800 Volllaststunden aus, allerdings gibt es Hinweise, dass 3800 Volllaststunden für viele Offshore-Windparks mit modernen Turbinen möglicherweise zu konservativ gerechnet sind. So übertraf z. B. der Nordsee-Windpark im Jahr 2011 alpha ventus den prognostizierten Ertrag von 220 GWh (entsprechend etwa 3700 Volllaststunden) mit 267 GWh deutlich. Dies entspricht ca. 4.400 Volllaststunden. Im Jahr 2012 wurde dieses Ergebnis mit 4460 Volllaststunden nochmals leicht übertroffen, allerdings ist es laut Betreiber zu früh, den prognostizierten Wert so deutlich zu korrigieren.

 

Bild: tom kemper, Uwe Schlick   / pixelio.de

 

Anmerkung:
Dieser Artikel basiert aus dem Artikel Windkraftanlage
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